Was ist es nur, das den Hobbygärtner aus der Nachbarschaft noch an seinem Rasen festhalten lässt? Es ist mir wirklich ein Rätsel. Inmitten einer wochenlangen Hitze- und Trockenheitsperiode erst recht. Egal, wo man hinschaut, vor und hinter den Häusern tun sich riesige braungescheckte Flächen auf, die trauriger nicht aussehen könnten. Und ja, der Rasen wird wieder austreiben. Keine Frage. Das hilft in der aktuellen Situation aber weder dem unglücklichen Gärtner, noch den Insekten, denen Nahrung und Unterschlupf fehlt.
Ich persönlich habe mich im eigenen Garten schon lange vom Rasen verabschiedet. Tatsächlich begann der erste Akt meiner Gartengestaltung damit, zu planen, wie bestehende Rasenflächen in Beete und Wege umgewandelt werden können. Gerade vor sechs Wochen habe ich mich daran gemacht, das letzte Stück Rasen, das auf unserem Hügel noch übrig war, in eine Sitzfläche zu verwandeln. Fertig bin ich noch nicht geworden. Tatsächlich ging mir nach zwei Tagen Grasnarbe entfernen auf einem betonartig verhärteten Boden schlichtweg die Kraft aus. Und mein Spaten hätte auch nicht mehr viel länger mitgemacht. Nun ist also der Plan, zu warten, bis der Boden nach einigen Tagen oder Wochen Regen etwas weicher geworden ist. Und dann wird der finale Schlussstrich unter die Rasenfläche auf dem Hügel gezogen.
Wie ich die wilde Wiese auf der Schräge des Hügels in Zukunft handhaben werde... ich weiß es noch nicht. Ich habe dieses Jahr zum ersten Mal den „mähfreien Mai“ beachtet und die steilen Seiten erst im späten Juni abgemäht. Die Vielfalt auf der Wiese im Mai war überwältigend, deshalb möchte ich das gerne so beibehalten. Tatsächlich ist es aber so, dass auch die wilde Wiese aktuell völlig vertrocknet ist und der Natur damit nicht ausreichend Mehrwert bieten kann. Deshalb überlege ich, einzelne Bereiche des Steilhangs in Beete zu umzuwandeln, die im Hochsommer als wertvolle Nahrungsquelle dienen können.
Die Lösung liegt in der Vielfalt
Ich sage: Rasen ist gut, Beete sind besser. Warum eigentlich?
Es ist ein bisschen ermüdend und heutzutage gefühlt unnötig zu erklären, wieso Rasen gerade nicht die erste Wahl im bunten Naturgarten sein sollte: Er benötigt viel Wasser (im Hochsommer ganze 20 Liter pro Quadratmeter!), ist durch Mähen, Düngen und Vertikutieren pflegeintensiv und kann als Monokultur mäßig als Nahrungsquelle und Lebensraum herhalten. Aber ganz ehrlich: Das wissen doch die meisten und halten trotzdem an ihrer Rasenfläche fest.
Natürlich stehen Beete mit Gehölzen und Stauden in allen drei Punkten besser da als der Rasen. Sowohl für den Gärtner als auch für die Natur ist ein Beet immer die bessere Lösung. Wer an dieser Stelle argumentiert, dass er eine Rasenfläche zum Fußballspielen und Feiern im Garten unbedingt braucht, den möchte ich fragen, wie oft im Jahr das tatsächlich vorkommt und ob diese Fläche nicht dennoch auf das Nötigste eingestampft werden kann. Eben, um der Natur und damit der Gesundheit des eigenen Gartens mehr Raum zu geben. Und auch dann empfehle ich, Alternativen zu betrachten. Amüsant ist ja, ist, dass die Hobbygärtner, die heutzutage noch an einer großen gepflegten Rasenfläche festhalten, ja gerade diejenigen sind, denen das Bild des perfekten Rasens ungemein wichtig ist. Und die eben nicht möchten, dass der Rasen durch spielende Kinder oder Feierbänke beschädigt wird.
Aber zurück zu meiner Ausgangsfrage. Und tatsächlich, es existiert. Das eine Argument, das jedem, der es noch nicht verstanden hat, auf der Stelle klar macht, warum Beete unbedingt besser sind als Rasen:
Beete liefern Antworten auf die Jahreszeiten, ein Rasen tut das nicht.
Oder sagen wir so:
Die Antwort des Rasens ist: "Im Frühling bin ich sattgrün und frisch, im Hochsommer oft farblos und trocken, im Herbst brauche in deine Pflege, in den Wintermonaten bin ich besonders empfindlich."
Die Antwort des Beetes dagegen ist: "Im Vorfrühling biete ich mit Krokussen, Lungenkraut und Windröschen die ersten wertvollen Nahrungsquellen des Jahres, im Erstfrühling sorgen Vergissmeinnicht, Steinkraut, Tulpen und Narzissen für einen gedeckten Tisch, im Vollfrühling ist das Nahrungsangebot dank Akelei, Flockenblume und der Blühzeit von Sträuchern und Obstbäumen schier unbegrenzt, im Frühsommer starten Salbei, Kugellauch und Ehrenpreis durch..." Und so weiter und so fort.
Erkennst du, was an dieser Antwort eben besser ist als an der des Rasens?
Sie bietet das ganze Jahr über ausreichend und vor allem für verschiedenste Insekten und Tiere Nahrungsquellen und Lebensraum. Zusätzlich, und das wird häufig vergessen, hält die vielfältige Begrünung von Flächen auch deutlich besser das Wasser und Nährstoffe im Boden. Vom gestalterischen Mehrwert mal abgesehen.
Was glaubst du?
Passt Rasen noch in unsere Zeit?
Die Zukunft des Gartens ist trocken. Die große Krise ist doch schon da. Die Wasser-Krise. Die Not um die eine Power-Ressource, um die viele Menschen jetzt schon kämpfen müssen. Und trotzdem werden Pools in unseren Gärten gebaut.
Wer sich auf die Zukunft der extremen Klimaverhältnisse im eigenen Garten vorbereiten will, findet im Naturgarten den geeigneten Ansatz. Denn er vermag wie kein anderer, mit den Gegebenheiten seiner Umwelt zu leben. Dabei ist die Logik des Naturgartens ganz einfach zu verstehen:
Ein Naturgarten ist ein Garten, der auf den Schätzen von Gestern aufbaut, sich im Heute entfaltet und dabei kontinuierlich auf das Morgen ausrichtet.
Dass der Naturgarten aktueller ist als je zuvor, ist den Umständen der klimatischen Veränderungen und der Notwendigkeit unserer Gesellschaft, darauf zu reagieren und auch präventiv zu agieren, geschuldet. Artenvielfalt, als Grundlage unseres Ökosystems, kann nur dann entstehen und beibehalten werden, wenn sich die Vielfalt auch in der Natur wiederfindet.
Im Naturgarten spielen heimische Pflanzen eine große Rolle. Der Begriff heimisch bezieht sich dabei nicht auf die nationale Zugehörigkeit, sondern auf klimatische Bedingungen und Bodenverhältnisse einer Region, die an keine nationalen Grenzen gebunden sind. Pflanzen, die seit jeher in unseren Breitengraden natürlich entstanden und gewachsen sind, haben ihre Konstitution und Eigenschaften über viele Jahre den Begebenheiten ebendieser Umwelt angepasst. Und führen das kontinuierlich fort. Sie wurden also nicht vom einen auf den anderen Frühling einer klimatisch anderen Umwelt ausgesetzt und ihrem Schicksal überlassen.
Eine Friss oder Stirb-Mentalität kann in der Pflanzenwelt im großen Stil nicht funktionieren. Dass die Bedürfnisse dieser Pflanzen, und übrigens auch der Tiere und Insekten, sich immer wieder an die Gegebenheiten der heimischen Umwelt anpassen und insofern auch erfüllt werden können, bedeutet ganz konkret, dass sie mit den vorherrschenden Temperaturen, der verfügbaren Wassermenge und der Bodenbeschaffenheit zurechtkommen. In diesem Jahr konnte man das sehr gut an den Kornelkirschen (Cornus mas) sehen, die auch im öffentlichen Raum trotz widrigster Umstände sehr gut durch diesen besonders heißen und trockenen Sommer gekommen sind.
Gestaltungsvielfalt bedeutet Artenvielfalt. Unterschiedliche Pflanzen und Elemente im Garten schaffen vielfältige Lebensbereiche für Tiere und Insekten. Die Artenvielfalt auch in den Privatgärten zu fördern, ist ungemein wichtig für das Funktionieren unseres Ökosystems. Und bevor ich jetzt anfange zu missionieren ... auch aus rein optischen Gründen ist ein vielfältiger Naturgarten die bessere Wahl. In jeder Jahreszeit blüht und summt es irgendwo und lädt so zum Schauen und Verweilen ein.
Alternativen für große Rasenflächen
Wenn du bereit bist, die Rasenbereiche in deinem Garten aufzubrechen, stehen dir wirklich unzählige Gestaltungsmöglichkeiten zur Verfügung. Staudenbeete, Pflanzstreifen für Bäume, Solitärsträucher oder Hecken, Wasserstellen, unangetastete Bereiche, ein Gemüsegarten oder Beete mit höherwachsenden Bodendeckern ... die Liste der Alternativen ist vielfältig und in ihren Kombinationsmöglichkeiten unbegrenzt. Dabei muss nicht gänzlich auf Rasen verzichtet werden. Besonders schön fügen sich in Staudenbeete oder den Gemüsegarten zum Beispiel schlanke Rasenwege ein, die neue Sichtachsen schaffen, die Blicke des Gartenbesuchers lenken und den Garten optisch verlängern.
Wenn du auf gar keinen Fall auf eine größere grüne Fläche in deinem Garten verzichten willst, dann kann ich dir folgende Alternativen empfehlen:
- Mikroklee oder Dänischer Klee: Mit dem Mikroklee, der im Handel verkauft wird, sind zumeist Sorten des Weißklees (Trifolium repens) gemeint. Die Blätter der Mikroklee-Sorten sind deutlich kleiner als die des üblichen Weißklees und die Wuchshöhe niedriger. Im Handel wird unter dem Namen Microclover häufig Mischsaatgut mit verschiedenen Gräsern verkauft. Ein Rasen aus Mikroklee bringt verschiedene Vorteile mit sich. Zum einen ist ein Mikroklee-Rasen in jedem Fall weniger pflegeintensiv als ein gewöhnlicher Rasen. Das liegt daran, dass Mikroklee sehr langsam wächst; der Rasen muss höchstens zwei- bis dreimal im Jahr gemäht werden. Außerdem sorgt der Klee selbständig für seine Düngung, indem er den Stickstoff aus der Luft im Boden bindet. Zum anderen kann man von ihm nahezu einen ganzjährig sattgrünen Teppich erwarten. Denn er kommt hervorragend mit nährstoffarmen und trockenen Standorten zurecht und ist sehr strapazierfähig. Und wer keinen Wert auf den perfekten Rasen legt, kann ihn auch einfach blühen lassen.
- Kies- oder Sandbeet: Wer besonders weitsichtig ist, verwandelt sehr trockene Flächen im eigenen Garten jetzt schon großflächig in Kies- oder Sandbeete. Standortangepasste Pflanzen wie Thymian (Thymus), Fetthenne (Sedum) oder Sempervivum, die mit Sonne, Trockenheit und Nährstoffarmut gut zurechtkommen, sind in der Lage märchenhafte grüne Teppiche zu zaubern. Gleichzeitig bieten sie hervorragende Nahrungsquellen und Lebensraum für Insekten.
- Blumenwiese: Eine bunte Blumenwiese anzulegen, ist fast schon Gartentrend. Um den Traum der üppig blühenden Blumenwiese im eigenen Garten zu erfüllen, stehen verschiedene Varianten zur Verfügung, die der NABU auf seiner Website hervorragend beschreibt: https://www.nabu.de/umwelt-und-ressourcen/oekologisch-leben/balkon-und-garten/grundlagen/elemente/04630.html. Die Vorteile einer Blumenwiese gegenüber des klassischen Rasens liegen auf der Hand: Sie ist nicht nur für Tiere und Insekten von großem Wert, sondern auch für den Gärtner weniger arbeits- und kostenintensiv. Und optisch den ganzen Sommer über eine Freude.
- Moosrasen: Im Schattenbereich eines Gartens sind Moosrasen eine Alternative, die leider viel zu wenig Unterstützer finden. Denn Moos wird auf dem Rasen meist zu Unrecht als Störenfried abgetan. Dabei ist ein Moosrasen, sofern er im schattigen, eher feuchten Gartenbereich wachsen darf, ganzjährig eine schöne Begrünung. Und wer schon einmal barfuß über Moos gelaufen ist, weiß, wie herrlich weich und ungemein beruhigend das sein kann. Natürlich können Moosrasen, was die Belastbarkeit angeht, nicht mit einem gewöhnlichen Rasen mithalten. Wer in erster Linie jedoch aus optischen Gründen Wert auf eine großflächige Begrünung legt, der findet am Moosrasen sicherlich Gefallen.
- Für kleine Flächen: Für kleinere Gartenbereiche eignen sich auch Teppiche aus Römischer Kamille (Chamaemelum nobile) oder Sternmoos (Sagina subulata). Vor allem zwischen Trittplatten, im Steingarten oder auf Böschungen machen sie, gerade auch in ihrer Blütezeit, richtig viel her. Tatsächlich kommen beide Bodendecker auch gut damit zurecht, gelegentlich betreten zu werden, wenn auch nicht von einer ganzen Fußballmannschaft. Als besonders strapazierfähig gilt zum Beispiel die Englische Rasenkamille (Anthemis nobilis 'Treneague'), die auch als nicht-blühende Sorte dichte duftende Polster bildet. Wer auf kleineren Flächen nach einem Rasenersatz sucht, sollte sich diese Sorte daher unbedingt genauer anschauen.
Du siehst, es gibt so viele Möglichkeiten der Gartengestaltung, die gleichzeitig im Sinne von Natur und Gärtner sind. Wenn du trotz der Vielzahl toller Alternativen auf gar keinen Fall auf deinen Rasen verzichten kannst, tue der Natur doch einen Gefallen und verzichte zumindest auf den perfekten Rasen. Also auf den kurzgemähten, saftig grünen, sogenannten englischen Rasen, der als Monokultur keinen Beitrag zur Artenvielfalt leisten kann. Lass den gesamten Rasen also auch mal länger stehen, sodass Wildkräuter wachsen können, oder lege noch besser, ganze Streifen an, die dauerhaft höher wachsen dürfen.
Einen Rasen "stehen" zu lassen und das Wachstum von Wildkräutern oder anderen Pflanzen zuzulassen, bedeutet schließlich nicht, dass der Garten verwildert. Es spricht einfach nur für die Klugheit des Gärtners. Und auf kluge Gärtner ist unsere Natur nun mal angewiesen.
#besserbuntimbeet
Prima Artikel, wunderbar herausgearbeitet und trifft den Nagel auf den Kopf. Genauso handhaben wir es auch, ein paar kleine Rasenflächen haben wir noch, die werden aber dieses Jahr durch ein Präriebeet ersetzt. Tolle Homepage hast du, ich bin begeistert.
LG Susanne
Vielen Dank für deine Nachricht Susanne und deine liebe Rückmeldung. Wenn ich mir überlege, wie warm dieser Winter wieder war und mir dann vorstelle, wie der nächste Sommer wohl werden wird, dann ist die Entscheidung für ein Präriebeet wirklich genau die richtige. Habt einen schönen Start in den Gartenfrühling! Liebe Grüße, Antonia